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Der Dandinger Schorsch

Molières Komödie GEORGES DANDIN in bairischer Fassung

Premiere: 29.12.2004


Regie: Andreas Seyferth Regieassistenz: Linda Wörthmüller mit Josef Parzefall, Balbina Blauel, Alexandra Freyberg, Eva Wittenzellner, Adolf Adam, Wolf Friedrich, Richard Oehmann, Claus Steigenberger Bühne: Ernst Klünner Dramaturgie/PR: Peter Hägele Fassung: Josef Parzefall


Geld kann geheime Wünsche wahr werden lassen. Das hatte auch der Dandinger Schorsch, ein reicher Bauer, geglaubt und sich die Frau seiner Träume gekauft, eine "Besserne", eine verarmte Adlige, deren Eltern er finanziell saniert hat.

Doch bald stellt sich heraus, dass seine Investition nicht die ersehnte Märchenprinzessin ist, sondern eine moderne junge Frau, die nach Selbstverwirklichung sucht. Da sie auch in der Liebe ihren eigenen Weg gehen will, wird Dandingers Traum schnell zum Alptraum, aus dem man nicht mehr herausfindet.

Die Übertragung ins Bairische bietet die Möglichkeit, die Figuren in ihren unterschiedlichen gesellschaftlichen Stellungen auch sprachlich zu zeichnen.



PRESSESTIMMEN


Auf den ersten Blick könnte man sich im Komödienstadl wähnen. Quietschbunt hat Ernst Klünner auf dem Bühnenprospekt in eine Voralpenlandschaft die rustikale Fassade eines bayerischen Bauernhauses (samt Auto in der Garage) gemalt. Das gehört dem Bauern Dandinger, der dank seines Reichtums eine Adlige geheiratet hat. Nun betrügt sie ihn nach Strich und Faden, und die nobligen Schwiegereltern voller Standesdünkel demütigen ihn immer wieder neu. Ein Lustspiel? Der Schein trügt. Theatermacher Josef Parzefall hat schon Sophokles’ „Elektra“ überzeugend nach Oberbayern verpflanzt. Nun hat er Molières bittere Farce „George Dandin“ von 1668 stimmig ins Bairische übersetzt und spielt selbst mit tragischer Wucht den unglücklichen Titelhelden. Andreas Seyferth inszenierte „Der Dandinger Schorsch“ im Theater Viel Lärm um Nichts mit einem typengenauen Ensemble als böse Kurzweil. Er zitiert Mittel des Bauerntheaters, unterläuft und bricht sie gleichzeitig. Die Schwiegereltern von Bläh-Fröschl (Balbina Brauel, Adolf Adam), die verschlagene Zofe Claudia (Eva Wittenzellner) und der geschwätzige Diener Luck (Richard Oehmann), Dandingers mondäne Frau (Ala Freyberg) und ihr Liebhaber (Wolf Friedrich) sorgen für trockene Komödiantik, in die Musikant Claus Steigenberger mit valentinesken Liedern eine wundersame Absurdität einbrechen lässt. Doch im Zentrum steht die Tragödie des zu Tode verletzten Dandinger. Statt eines Happy End fällt ein Schuss und die Familie, nun wieder unter sich, prostet sich mit Sekt zu. AZ


… Molière schöpfte in „George Dandin oder Der gehörnte Ehemann“ Komik und Konflikt aus dem Standesunterschied des ungleichen Paars. In der Pasinger Fabrik wird es vom „Theater Viel Lärm um Nichts“ ins heutige Bayern geholt. Hauptdarsteller Josef Parzefall hat den Text in deftigen Dialekt übertragen, mit feinen Varianten für die jeweiligen Schauspieler. Am galligsten sind die Texte des Gitarristen Claus Steigenberger, der als valentinesker Kommentator mit brüchiger Stimme ebenso witzig wie schonungslos die Wahrheit singt… tz


… Differenziert und umsichtig gehen Übersetzer, Regisseur und Darsteller mit den Dialekten und Soziolekten der einzelnen Charaktere um… Molière watschte ausnahmsweise alle Figuren ab, wie man es auch einem bairischen Hallodri zutraut… Keine Figur ist sympathisch gezeichnet. Alle agieren wie in einem Panoptikum als gegenseitige Quälgeister im Zerrspiegel. Ironische, entlarvende Brechungen sind vor allem Hansweißwurst Kon, gespielt von Claus Steigenberger, zu verdanken, einer Nebenfigur mit vielen Facetten. Selbst wenn er nur dasitzt, strahlt um ihn ein Energiefeld, stärker als der Sonnenaufgang zum scheinheiligen Sektfrühstück am Ende der Tragikomödie. SZ


Klassiker kühn zu wenden, das hat das Theater Viel Lärm um Nichts in gut zwei Jahrzehnten zu seinem Markenzeichen gemacht. Jetzt wagte Hausherr Andreas Seyferth einen Molière auf Bairisch: aus dem gehörnten „George Dandin“ machte ihm Josef Parzefall mit viel Übertragungsgeschick einen „Dandinger Schorsch“, den Parzefall selbst mit ungebremster Eifersucht und Galle in eine ländlich niedliche Idylle wütet. Platzausnutzung wird für die Pasinger Fabrik vermutlich kein Problem sein. Sich mit Diridari einen Adelstitel zuzulegen, ist in weißblauen Gefilden bekanntlich nicht verpönt. Da passt die Geschichte vom reichen Bauern Dandinger, alias Dandin, der aus Standesehrgeiz bei den „von Bläh-Fröschls“ eingeheiratet hat. Was ihm seine Angélique, mondän gestylt, dann auch an den Kopf wirft und es dreist hinter der aufgehängten Wäsche und sogar in den ehelichen Gemächern mit dem Grafen von Kitzling (Wolf Friedrich) treibt. Dass Infame ist, dass dieses Dämchen, unterstützt von der Intrigenlüsternen Magd (Ala Freyberg und Eva Wittenzellner gemeinsam in Hochform) sich jedes Mal raffiniert aus der Schlinge lügt. Und auch die lodenstrammen Schwiegereltern finden immer wieder einen Dreh, Schorsch zum Schuldigen zu stempeln. Der muckt und trotzt und klagt – und muss sich doch dem Diktat des alten Aristo-Schlitzohrs (ausgezeichnet: Seniordarsteller Adolf Adam) beugen. Bei Molière ist der Bauer eine lächerliche Figur. Bei Regisseur Andreas Seyferth ist er – eine arme Sau. Seyferth hat die Tragik in der Komödie ernster genommen, als es das Original vertragen hätte… Aber eine gewisse bäuerliche Sperrigkeit bekommt dem bairischen Idiom wahrscheinlich auch besser… MM







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