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ELIZABETH IN LOVE

Heiraten muss niemand, aber sterben...

Premiere 15. Mai 2007



Regie: Eos Schopohl

Dramaturgie: Boris Heczko

Assistenz: Nina Strukamp, Andrea Rudert

mit:

Margrit Carls

Maik Epple

Markus Fisher

Titus Horst

Raum: Harald Hajek

Kostüm: Johannes Schrödl

Choreographie: Eckhard Paesler

Videos: Anton Kaun

Ton: Wolfgang Obrecht

Lichtdesign: Jo Hübner










Als "Gloriana" verehrt, als Unberechenbare gefürchtet, als Heuchlerin wie als kleinmütige Knauserin verschrien (sie war 's); undurchschaubar, exzentrisch und zutiefst widersprüchlich - Englands "Virgin Queen". Zwischen jungen schmucken "Schwertträgern" und alten weisen Staatsräten, zwischen Kriegstreibern in den eigenen Reihen und dem katholischen Fundamentalisten Philipp II von Spanien, zwischen schottischen Warlords und irischen Rebellen, zwischen Rom und Calvin.


Fast lebenslänglich bedroht von Putsch und Invasion. Vom Volk geliebt. Von Günstlingen hofiert. Mit England verheiratet. Eine, die sich selbst entworfen hat. Als Frau und als Herrscherin.

"Sie fand sich als vernünftige Frau inmitten einer Welt von gewalttätigen Besessenen … und sie hatte sich gehalten lediglich dadurch, dass sie dem Maßlosen um sie her ihre eigene maßlose Verschlagenheit und List entgegensetzte. Es fügte sich, dass die Feinheit und Schärfe ihres Intellekts just wie geschaffen war für eine Umwelt so komplizierter Art … all das gab ihr Gelegenheit zu einer vielgewundenen Diplomatie, deren Fäden bis auf den heutigen Tag nicht völlig entwirrt werden konnten… Als sie mit ihrem wunderlichen Tun am Ende war, war England der Zivilisation gewonnen." Lytton Strachey/ELISABETH UND ESSEX (1929)



Ihr glasklarer Geist, ihr hochpolitischer Verstand, ihr scharfer Witz, ihr (gern auch derber) Humor helfen ihr nicht dabei, die Scheußlichkeiten des Alterns gelassen zu ertragen; schützen sie nicht vor hoffnungsloser Vernarrtheit in ihren jugendlichen Ritter: Elizabeth in love.

Ein Abend über die Wirren des Herzens und der Welt um die 16. Jahrhundertwende.


PRESSESTIMMEN


HERRSCHERIN UND MODERNER SINGLE Elisabeth ist schön, stolz, spöttisch. Sie ist schnell, sarkastisch, spitzzüngig und klug. Und sie ist allein alt geworden... ...ein Kammerspiel im Forum, das Publikum konnte jeden Schritt, jede Geste der vier Schauspieler aus nächster Nähe verfolgen. So entstand Intimität und Ausgestelltsein zugleich, ein privater Raum im öffentlichen. Genauso muss das Leben von Elisabeth I. verlaufen sein, die sich an ranghöchster Position zu behaupten suchte, indem sie jegliche Abhängigkeiten mied - also auch die Ehe. "Elizabeth in Love" erzählt die Geschichte der letzten Liebe der "Virgin Queen"... Der junge Earl of Essex betritt die Bühne wie ein Ritterdarsteller aus einer anderen Zeit. Sie nimmt sich den Earl wie eine Tablette, die Rückkehr der Jugend verspricht. Ihr Berater und Weggefährte, William Cecil Lord Burghley, warnt sie vergeblich. Am Ende hält die Liebe den Tod nicht auf, umgekehrt gewährt sie dem Günstling aber auch nicht die ersehnte Macht. "Elizabeth in Love" ist auch eine Geschichte vom Altern... ...vier Schauspieler, die mal wie aufeinandergehetzt, mal wie lebendig gewordene Schachfiguren agieren. Großartig ist die Leistung von Margrit Carls als Elisabeth: es gelingt ihr, den langsamen Verfall einer sich ihrer ungeheuren Macht bewussten und ihre Ohnmacht überspielenden Frau zu zeigen: Carls' Elisabeth ist Herrscherin einer untergegangenen Zeit und moderner Single zugleich. Den körperlichen Verfall des treuen Begleiters spielt Titus Horst als ein sich abarbeitender Cecil. Markus Fisher ist ein sich selbst zerfleischender Philipp, der in seiner separierten Position ein bisschen an Büchners Robespierre erinnert. Maik Epple spielt einen zunächst leidenschaftlichen, temperamentvollen, später berechnenden Earl of Essex. Knapp zwei Stunden dichtes, spannendes Theater. SABINE ZAPLIN, SZ


DIE MACHT DER STAATSRÄSON ...Im Bemühen, die prekäre Existenz einer Alleinherrscherin in persönlichen, dynastischen und machtpolitischen Spannungsfeldern aufzuzeigen, hat Eos Schopohl eine Art Doku-Theater inszeniert, das von den Zuschauern - wie Ratsmitglieder an den Raumlängsseiten platziert - durchgehende Aufmerksamkeit fordert: schottische Warlords und irische Aufstände, Höflings-Gerangel um Posten, die Rivalin Maria Stuart, die für England freibeuternden Sir Francis Drake und Sir Walter Raleigh, die Armada, der katholische Erzfeind Philip II., den Markus Fisher als nachmahrische Liveprojektion unentwegt ins Spiel geifert: Das ist für Bühnenzwecke sehr viel, aber nicht unspannende Geschichte. Und zwischen Titus Horst als sprachklarem Berater Lord Burghley und Maik Epples wirrköpfig-ehrgeizigem Lover Essex spielt Margrit Carls, bleich geschminkt, mit roter Kräuselperücke, hervorragend diese an den Zwängen selbst auferlegter Staatsräson und ihrer späten Liebe leidenden Königin. MALVE GRADINGER, MM


GROSSES GESCHICHTSBILD MIT HINTERSINN Wer war Elizabeth I.? Dieser Frage geht die Inszenierung von Eos Schopohl im "Theater Viel Lärm Um Nichts" in der Pasinger Fabrik nach. Die Antworten sind vielfältig und gerade diese Vielfalt macht diese Inszenierung zu einem besonderen Ereignis. Eine dieser Antworten ist auch die nach dem Bezug zur heutigen Zeit. Gerade hatte eine Frau für das höchste Amt in der französischen Politik kandidiert und leider verloren. Frauen haben sich in diesem noch jungen Jahrtausend angeschickt, Macht zu übernehmen… Die Beziehung zwischen Elizabeth und dem Lord Essex war bestens geeignet, um den Menschen Elizabeth aus staatspolitischen Intrigen, weltpolitischen Entscheidungen und höfischem Brimborium heraus zu filtern... Regisseurin Eos Schopohl schuf eine Inszenierung, die auf engstem Raum, gestaltet von Harald Hajek, eine menschliche Tragödie ebenso sichtbar machte wie weltpolitische Vorgänge. Karges Mobiliar, gerade genug, um die eine oder andere intime Szene blühen zu lassen, erweiterten die Spielmöglichkeiten. Hinter einer Jalousie, per Video auf selbige projiziert, die weltpolitischen Kämpfe in der Person Philipp des II., König von Spanien, in dessen Reich seiner Zeit die Sonne nicht unterging. Innenpolitische Vorgänge wurden per Video auf den Bühnenboden geworfen und es hatte den Anschein, als stiegen sie aus den Urgründen politischer Verworfenheit auf. Margrit Carls bewies in dieser Arbeit den Facettenreichtum ihrer darstellerischen Möglichkeiten. Sie überzeugt als herrische, exzentrische und unberechenbare Monarchin ebenso wie als anschmiegsame, schutzsuchende Frau. Beeindruckend war besonders ihr Auftritt als Königin im Schlafgemach, ungeschminkt, verfallen und beinahe glatzköpfig… auf Augenhöhe zu Margrit Carls agierte Titus Horst, der den William Cecil Lord Burghley, Elizabeths ersten Staatssekretär gab. Als väterlicher Freund, weitestgehend verständiger politischer Berater und Vertrauter hinterließ er den ungetrübten Eindruck eines loyalen und ergebenen Staatsmannes, ohne sich in billigen Posen zu ergehen. .. Bleibt die Frage nach der zeitlichen Relevanz. Die ist unbestritten, denn die Frauen, die heute an der Macht sind, sind ebenso wenig Frauen, wie es Elizabeth sein konnte. Vor diesem Verdacht schützt sie auch kein halbes Dutzend Kinder, die schon mal medienwirksam vorgeführt werden. Da die Frauen auch heute noch nicht wirklich ernst genommen werden, müssen sie sich schützen, in dem sie agieren und leider auch denken wie Männer. Wer einen Beweis möchte, für den sei erwähnt, dass die deutsche Kanzlerin in der Vergangenheit in der Schweizer Journaille als "das Merkel" tituliert wurde. Dabei ist das Problem sehr banal. Die Jahrtausende alte Rolle, die die Frau spielen musste, impliziert einen unseligen Mechanismus. Eine Frau, die ihre Geschlechtlichkeit lebt, wird von einem Mann eingenommen und besessen. Der Mann hingegen erweitert durch diesen Akt seine Macht, seinen Besitz und er steht als Eroberer da. Es gilt also mehr zu überwinden als politische und gesellschaftlich Vorurteile, nämlich das Animalische im Menschen, das aus dem Unterbewusstsein Fallstricke spannt. Erst dann wird der Frau der Rang eingeräumt, der ihr gebührt. Die Jungfräulichkeit oder der Anschein davon ist Schild und Panzer für eine Frau, die auch über Männer herrschen möchte oder muss. Wer kann sich die deutsche Kanzlerin schon beim Sex vorstellen? WOLF BANITZKI/www.theaterkritiken.com


MULTIMEDIALES SPEKTAKEL MIT SCHARFBLICK "Elizabeth in Love" vom Theater Viel Lärm um Nichts bietet amüsante wie anspruchsvolle Unterhaltung Schach! Und Matt! Bühne frei fürs Match der Royals. Am Ende rollen Köpfe, nicht nur beim königlichen Spiel. So kennen wir sie doch, Elizabeth, die Virgin Queen? Höchste Zeit, Vorurteile auszumisten, höchste Zeit für die temperamentvolle Premiere von "Elizabeth in Love" (Regie: Eos Schopohl). Und das Publikum setzte am Dienstagabend nach zwei Stunden Turbulenz um Königin und Intimfeind mit minutenlangem Beifall akustisch noch eins drauf. Die jüngste Produktion in der Fabrik ist kein Historienschinken aus der Mottenkiste. Auch wenn die Spielfläche, Arena, nicht Guckkastenbühne, Anleihen beim Elisabethanischen Theater nimmt. Die Szenencollage (Dramaturgie: Boris Heczko) um eine vielschichtige Persönlichkeit präsentierte sich nach anfänglicher Theorielastigkeit als multimediales Spektakel mit Scharfblick. Margrit Carls, hinreißend in der weißseidenen Tudorrobe (Kostüme: Johannes Schrödl), kreiselt über die Bühne und durch das Auf und Ab von Herzens- wie Staatsaffären. Nicht ganz jungfräuliche Königin spielt sie den Getreuen ihre Bälle zu, dem Earl of Essex (Maik Epple), geschmeidig spielfreudiger Gockelhahn, dem ergebenen Burghley (Titus Horst), der Leidenschaft mit Contenance konterkarierte. Philip II von Spanien (Markus Fisher), graue Eminenz, ist allzeit gegenwärtiger großer Schatten hinter der Projektionsfläche. Ein fanatischer Irrer, Silbe für Silbe seine Hasstiraden gegen Elizabeths vernunftorientierten Pragmatismus artikulierend. Ein Fundamentalist, der Religion als Machtmittel missbraucht... Obwohl Margrit Carls mit Lytton Stracheys "Elisabeth und Essex" eine Textvorlage von 1929 bearbeitet hat, zeigt sich erschreckende Aktualität. Trotzdem ist "Elizabeth in Love", mit seinen Simultanszenen..., den anrührenden wie den heroischen Momenten vor allem eins: gekonnte Unterhaltung, so amüsant wie anspruchsvoll... ELISABETH BRANDL/MM


GESCHICHTSSTUNDE ...dröge, erzbiedere Geschichtslektion... Margrit Carls ... stolziert als sich emotional verbarrikadierende, launische Königin hoheitsvoll über die Bühne... Die Schauspieler agieren (bis auf Titus Horst) wie in einer der behäbigen historischen Fernsehsendungen mit Spielszenen. Da aber kann man abschalten. PETRA HALLMAYER, SZ


PATHETISCH DEN DEGEN GEZÜCKT ... Eos Schopohl inszenierte "Elizabeth in Love" wie ein elegisch raunendes Märchen, dessen salbungsvoll gedämpfter Grundton sedierende Wirkung entfaltet... Die Dramaturgie bleibt unklar und verwirrend. Und die mit hohler Theaterei erzeugte Traum-Atmosphäre gebiert hier leider nur den Schlaf des Zuschauers. GABRIELLA LORENZ, AZ

Fotos: Hilda Lobinger


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