top of page

Palais Royal

Theatermontage nach Georg Büchner

eine Produktion von theater VIEL LÄRM UM NICHTS | Uraufführung

Premiere:

27. Dezember 2024 | 20 Uhr 

 

weitere Vorstellungen: 

bis 22. Februar 2025

Achtung: Keine Vorstellung am 6. & 15. Februar

Stückdauer: 1std, 45min - keine Pause

PALAIS ROYAL VLUN Plakat A2 v2 raster RGB (1).jpeg

mit: Denis Fink, Danielle Green, Klara Pfeiffer, Leon Sandner

 

Textfassung & Regie: Arno Friedrich

Bühne & Kostüm: Claudia Karpfinger, Katharina Schmidt

Licht & Technische Einrichtung: Max Reitmayer

Assistenz & Dramaturgie: Christian Schmitz-Linnartz

Grafik: Arno Friedrich 

Fotos: Robert Haas

​​

PALAIS ROYAL ist eine Montage von Texten und Motiven aus Georg Büchners 200 Jahre alten Gesamtwerk.

Die Spielenden finden sich in eine provisorische Welt gesetzt. Eine Gemeinschaft, für die alte Gewissheiten weggebrochen, Perspektiven für die Zukunft jedoch noch nicht erkennbar sind. Ruhelose Automaten im festen Griff eines allumfassenden Produktionszwangs, aber "das reicht uns nicht!" Es treten auf: Leonce, Lena, Dantons Tod, Woyzeck, Briefe, Lenz, Schädelnerven und Barben, Lebens- und Staatsformen, moderne Arbeitsverhältnisse, Objekte, Musik und die Frage nach dem Verbleib sozialer Gleichrangigkeit, den Menschenrechten, und Möglichkeiten für die Liebe.

Büchners Weltsicht wird zur Konfrontation mit der Gegenwart und zum ausweglosen Freispiel - "Wir müssen was treiben!" Ein poetischer Theaterabend über das Knarzen und Versagen der Auslaufmodelle aber auch über die Träume der jungen, gut geölten Maschinen.

Fotos: (c) Robert Haas

Pressestimmen

Eine spannende Symbiose. (…) Büchners gesellschaftskritische Texte aus dem vorindustriellen Zeitalter passen perfekt in den aktuellen Zeitgeist. (…) eine Collage, die durch schauspielerische Raffinesse mit einem minimalistischen Bühnenbild auskommt. (…) Szene für Szene entstehen aus denselben Mitteln neue Kompositionen. (…) "Palais Royal“ ist nicht nur für Büchner-Fans. Es ist ein Stück über die zahlreichen Berührungspunkte eines zweihundert Jahre alten literarischen Werks mit dem, was uns heute umtreibt. Denn es geht um Eliten, um Wut und Widerstand.

(Süddeutsche Zeitung)

Im Theater Viel Lärm um nichts kam man immer schon mit wenig aus. Und blickt doch aufs ganz Große: die Welt. (…) Arno Friedrich stöbert und - er lenkt hier schon länger immer wieder behutsam vom puren Erzähltheater in freiere Formen - (holt) eine phantasievolle, poetische Montage hervor. (…) Überall findet sich Bedeutungsvolles, Absurdes, Nebensächliches, Philosophisches, Melancholisches: ein König weiß nicht, wovon er spricht; eine Welt, die fault; der Müßiggang, der "krassiert" (heute wohl Work-Life-Balance). Und von der Gewaltforderung in der Französischen Revolution ist es nicht weit zu "Nimm es leicht, nimm Dynamit" (im Song von Brezel Göring). Einmal mehr merkt man: Büchner war ganz schön modern, und wir gehen Friedrichs Beweisführung herrlich auf den Leim, wenn auf einmal von "Moshpit" oder "Missgeburten im Internet" die Rede ist. Und wir mittendrin sind, in den ergänzenden Textstücken von heute. 100 temporeiche Minuten, witzig bis nachdenklich, großer Applaus.

(IN München)

"Diese Theatermontage ist weniger als Drama gedacht. Friedrich und seinem Quartett geht es (…) um exquisit gedachte und präzise formulierte Erkenntnisse. (…) Dabei bewegt sich ein steter Fluss des Denkens, des Bedeutens durch den Abend. (…) Heiter poetisch."

(Abendzeitung)

"Friedrich montierte kunstvoll Bruchstücke und Satzfetzen (…) und lieferte den Beweis der absoluten Modernität des grandiosen, sprachlich lustvoll mit unterschiedlichsten Stilebenen spielenden Schriftstellers Büchner. Die Originalzitate verteilte er auf sein äußerst lebendiges Ensemble. (…) Originelle Effekte aus der Improvisationskiste gab es zuhauf, (…) poetische Verzauberung und überraschende Theatermagie."

(Donaukurier)

Digitales Programmheft als Download:  PDF

"Ich begreife nicht, warum die Leute nicht auf der Gasse stehenbleiben und einander ins Gesicht lachen. Ich meine, sie müßten zu den Fenstern und zu den Gräbern heraus lachen, und der Himmel müsse bersten, und die Erde müsse sich wälzen vor Lachen" (Georg Büchner)

"O, die Welt ist abscheulich! An einen irrenden Königssohn ist gar nicht zu denken.“

"Das Spiel ist, was uns hält. Wollen wir ein Theater bauen?“

 

83CB5E79-FF7B-4811-AAAD-98E7488E4F6F_edi

Georg Büchner ergreift im Ablauf weniger Jahre, praktische Medizin und theoretische Naturwissenschaft, Grundfragen der Metaphysik, der Erkenntnistheorie und der Naturphilosophie, Dichtung aller Grade und Arten, politisches Denken und Handeln. Verwirrende Fülle der Aktivitäten, der doch ein eigentlicher Mittelpunkt zu mangeln scheint. Wie aufgegriffen sieht das aus, um dann, nach kurzem Rausch, weggeworfen zu werden. Wohl scheint der jähe Abschluss dieses Lebens verhindert zu haben, daß sich der Ekel, die Absage an alles, was im Fluge aufgenommen wurde, allzu sichtbar schon nach außen hin kundtat. Nur der Bruch mit der Politik nach intensivstem politischem Wirken oder auch die Deklamation des müden, angeekelten, gelangweilten Prinzen Leonce scheinen mögliche Hinweise zu bieten. Hier ist das Ergreifen heterogenster Dinge zum Selbstzweck geworden, zum Spiel und Genuss an sich.

Stellt man die Frage nach den Leitmotiven im Werk Büchners, so läßt sich die Brücke zum Politischen nicht schlagen. Nicht vom Stofflichen der Dichtungen (vom Danton etwa abgesehen), erst recht nicht von ihrem Geistigen her ist die Verbindung herzustellen, die zum Hessischen Landboten und zu Büchners Schicksal als Revolutionär überleitet. Die philosophischen und fachwissenschaftlichen Studien verweigern sich solcher Synthese von Anbeginn an.

Auf die Frage nach der Einheit kommt alles an.

Geht es um das Für und Wider der jeweils herrschenden Gesellschaftsordnung, um Erhalten oder Verändern, so geht es sogleich auch um die menschliche Geschichte, um die Frage nach Freiheit oder Bindung menschlichen Denkens und Wollens, um die Möglichkeit, die Natur des Mitmenschen derart gestalten und beeinflussen zu können, daß sie aus den gegebenen Verhältnissen das Wünschbare herausmeißelt. Damit aber stehen Fortschritt und Freiheit (nebst den »Bedingungen ihrer Möglichkeit«, mit Kant zu sprechen) oder Kreislauf und Gebundenheit des menschlichen Handelns durch gegebene Determinanten. Die Frage nach dem Verhältnis von Geist und Materie, von "Bewusstsein und gesellschaftlichem Sein" ist gestellt. Es geht um Entscheidungen, die den Dichter, der ein Dichter der Menschen und des Menschlichen ist, ebenso angehen wie den Philosophen, wie den Wissenschaftler.

Das Gefühl, das die Zeit ihm eingab, war das mangelnder Festigkeit und Sicherheit. Was sich abspielte in Wirtschaft und Gesellschaft, Politik und Kunst, Philosophie und Technik, bot in allem ein Bild des Übergangs, der Zerstörung alter Verhältnisse, Einrichtungen und Dogmen, die man für unerschütterlich gehalten hatte, - und völligen Dunkels, der Fragwürdigkeit und der Unsicherheit als Ausblick in die Zukunft. Die Generation lebte im Bewusstsein des »Provisorischwerden aller Verhältnisse«.

Wenn aber weder Stabilität noch offener Kampf für oder wider den Umsturz der Tagesordnung zugeschrieben wurde, wenn nicht einmal klar ist, welche Veränderung in den bestehenden Zuständen möglich oder auch nur wünschenswert ist, dann entsteht ein Gefühl der Haltlosigkeit. Man sucht nach dem Ausgang aus einem Gebäude, dessen Grundpfeiler allenthalben geborsten sind; man fürchtet die Richtung zu verfehlen, sieht aber nirgendwo eine klare Richtung. Man zweifelt am Sinn seines Lebens, denn im Provisorischen kann man nicht geruhig leben. So entstehen Epochen, aus denen dem Nachfahren so oft der Ruf der allgemeinen Lebensangst entgegenhallt. Daher jene Philosophien und Dichtungen der Monotonie und Langeweile, ungezählte Beschreibungen des Seelenzustandes innerer Leere, eines Daseins ohne Richtung und Inhalt, auf der Jagd nach seelischen Sensationen, um die innere Leere zu übertönen, wie sie sich allenthalben in den Zeugnissen jener Generation finden, bei den Franzosen wie den Deutschen, den Engländern wie den Russen oder Spaniern. Eine Generation fragt sich, wozu und wohin sie lebt - und die Frage bleibt unbeantwortet.

Georg Büchner starb am 19. Februar 1837. Er hat französische und deutsche Zustände gesehen und zu verstehen versucht. Was er dort sah, war allenthalben Zusammenbruch, Übergang zu neuen Kämpfen. Ausweg und Lösung der Konflikte vermochten ihm Raum und Zeit nicht zu geben. Im Zeichen dieses Antagonismus steht Büchners gesamtes Denken, Fühlen und Schaffen. In dieser Begrenzung ist sein Werk folgerichtig bis zum Ende, ist es Vollendung. Die gleiche Schranke aber macht es zum Fragment.

(aus "Georg Büchner und seine Zeit“ von Hans Mayer)

Ensemble

DENIS FINK

Theater-Clown. Schauspieler. Seit 1991 auf Veranstaltungen aller Art unterwegs. Fügt immer mehr zum Programm hinzu. Besucht Workshops, 2 Jährige Clownsschule in Ludwigsburg, dann 3 jährige Schauspielausbildung in Stuttgart. Arbeitet an vielen Theatern in Baden-Württemberg und Bayern. (Siehe Website) Seit 2013 im Ensemble des theater VIEL LÄRM UM NICHTS, zuletzt bei der deutschsprachigen Uraufführung von Matei Visniecs „Briefe an Bäume und Wolken“ (Regie: Arno Friedrich) und der Adaption von Schillers „Don Karlos“ (Regie: Andreas Seyferth)

Klara_Pfeiffer.jpeg

KLARA PFEIFFER

Klara Pfeiffer wurde 1991 in München geboren. Bereits vor und während ihres Schauspielstudiums an der Otto-Falckenberg-Schule stand sie im Residenztheater München auf der Bühne. Ihr Studium schloss sie 2015 ab und trat ihr erstes Festengagement am Theaterhaus Jena an. Weitere Stationen führten Klara Pfeiffer an das Theater an der Parkaue Berlin sowie an das Mainfrankentheater Würzburg. Seit 2020 arbeitet sie als freischaffende Schauspielerin. In der Spielzeit 2022/2023 war sie in „Der Verschollene (Amerika)" am Alten Schauspielhaus Stuttgart, 2024 als Senga Quinn in „Die Tanzstunde" am Schauspiel Stuttgart und zuletzt mit Nico and the Navigators im Haus der Bundespressekonferenz in Berlin in „Ein Volksbürger“ zu sehen.

Danielle_Green.jpeg

DANIELLE GREEN

geboren 1988 in Exeter/England, absolvierte 2011 ihr Schauspielstudium am Hamburger Schauspielstudio Frese. Bereits während ihres Studiums wirkte sie bei der Hamlet-Inszenierung von Luk Pervecal am Thalia Theater Hamburg mit, anschließend in Percevals Inszenierung von "Macbeth" (Ruhrtriennale 2011). In den Spielzeiten 2011/12 und 2012/13 führten sie freie Engagements an die Hamburger Kammerspiele, an das St Pauli Theater Hamburg, das Altonaer Theater, zu den Burgfestspielen Bad Vilbel und an das Theater St Gallen. In den Spielzeiten 2013/14 bis 2015/16 war sie festes Ensemblemitglied am Theater St Gallen. Seit 2016/17 ist sie freischaffend unter anderem am Theater Paderborn in "Gott wartet an der Haltestelle" (Inszenierung Martin Schulze) und in "Das brandneue Testament" in der Inszenierung von Katharina Kreuzhage. Darauf war sie an den Münchner Kammerspielen in "Oratorium" von She She Pop zu sehen und am Theater und Orchester Heidelberg, sowie an der Schauburg München. Im theater VIEL LÄRM UM NICHTS war sie zuletzt 2023 in Margrit Carls & Andreas Seyferths Adaption von Schillers Don Karlos zu sehen.

Leon_Sandner.jpeg

LEON SANDNER

absolvierte von 2017 bis 2020 seine Schauspielausbildung an der Neuen Münchner Schauspielschule. Während des Studiums spielte er u.a. für die Europäische Janusz Korczak Akademie oder die französische Partnerschule in Montpellier "La Companie maritime" .
Im Sommer ’21 war er für das Bellevue di Monaco in dem Commedia dell‘ arte Stück "Zauberflöte – Commedia in Movimento" aktiv. Im September 2022 führte ihn sein Weg im Rahmen des Utopia-Festivals für "Frankenstein" nach Straubing.
 Leon Sandner ist Mitglied des Theaterkollektivs "Theater im Zwielicht", mit dem er inzwischen 3 Stücke geschrieben und auf die Bühne gebracht hat, zuletzt "La Vie immortelle" .
Seit Herbst 2021 Hofspielhaus München mit "Switzerland", "2 Männer ganz nackt", "Shakespeares sämtliche Werke (leicht gekürzt)", "Kunst" oder auch „ "Loriots dramatische Werke".
Außerdem ist Leon Sandner mit eigenen Comedy-Texten auf den OpenMic-Bühnen Münchens unterwegs. 2016 gewann er den Nachwuchspreis des Kabarettkaktus.

Es ist seine Armut, die Woyzeck rettungslos ausliefert, und es ist die bis zum Extrem gesteigerte entfremdete Arbeit, die ihn erdrückt. Vom "Mord durch Arbeit" haben wir in Danton’s Tod nur gehört, im Woyzeck sehen wir ihn als dramatische Wirklichkeit.

UBUNTU

Geräusch der Zukunft

 

Ubuntu ist eine uralte afrikanische Philosophie der Verbundenheit. Im Ubuntu sind das Individuum und die Gruppe kein Gegensatz. Die Gruppe selbst ist das Fundament, auf dem das Individuum sich entfalten kann. Es sagt: Unsere Menschlichkeit ist so reich, dass eine Kultur alleine das gar nicht ausdrücken kann. Und dass der Kontakt und die gegenseitige Abhängigkeit zum Anderen uns immer reicher macht. Hinter dem Wort verbirgt sich die Hoffnung auf

eine gerechte Welt, in der jeder Platz hat und mit seiner Persönlichkeit Größe zur Gemeinschaft beiträgt. Es ist eine kooperative, großzügige, spontane, freundliche, sorgende und teilende Grundhaltung. Man teilt eigentlich alles, selbst wenn man kaum was besitzt. Es ist ein kollektiver und nicht individualistischer Ansatz. Es geht aber nicht um ein gleichförmiges Kollektiv, sondern um echte Gemeinschaft. 

Europas Denken baut auf den Mythos der Individualität und Unabhängigkeit. Afrika preist dagegen die Gemeinschaft und gegenseitige Abhängigkeit. Ubuntu meint, dass der einzelne Mensch nur durch seine Teilhabe am Ganzen, das mehr ist als die Summe seiner Teile, über sich hinaus wachsen kann.

In den zahllosen Dörfern Schwarzafrikas war Ubuntu dann auch eine politische Philosophie, in der ein Häuptling oder König nicht feudal herrschte, sondern als "primus inter pares" bestenfalls zur Stimme des Volkes wurde. In Zeiten von Kolonialismus und Apartheid, wo sich die Kultur der schwarzen Bevölkerungsmehrheit gar nicht wirklich entfalten durfte, war Ubuntu die geheime Philosophie des Widerstands.

"Im afrikanischen Denken ist man weder Kollektivist im kommunistischen Sinne, noch Individualist. Die Idee hinter dem Satz "Ich bin, weil Du bist" meint die tiefe Gemeinschaft zwischen den Menschen. Sie ist kein Gegensatz zur individuellen Freiheit, sondern umschließt sie.“ (Augustine Shutte, Philosoph, Kapstadt) 

Gegen einen ungebremsten Kapitalismus, gegen einen zerstörerischen Individualismus, gegen die reine Herrschaft des Geldes, gegen den Abbau von Demokratie und die Macht des globalen Marktes. Es ist wertvoll, es ist wie ein Windhauch. In dem Moment, in dem Du versuchst, es festzuhalten oder es zu kontrollieren oder zur Ware machst, verschwindet es. Und so soll es wohl sein. Ubuntu kann weder verkauft noch kontrolliert werden. Denn es ist die Substanz des Herzens. 

Als Georg Büchner seine ernüchternden Texte über die deutsche Gesellschaft schrieb, wusste er nicht, das in Afrika eine philosophische Geisteshaltung existiert, die seinen utopischen Träumen vom gerechten Zusammenleben hätte entsprungen sein können. Wenige Jahre nach Büchners Tod wurde Ubuntu im Zuge der Kolonisierung des Afrikanischen Kontinents mehr und mehr verdrängt. Heute wird Ubuntu nur noch von der arfrikanischen Landbevölkerung weitergetragen.

(Text von Arno Friedrich, inspiriert von „Afrikas Ubuntu, Philosophie der Menschlichkeit“, von Dr. Geseko v. Lüpke) 

Probeneinblicke

bottom of page