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SANKT DIREDARE

Aristophanes' Komödie "PLUTOS"

in einer bairischen Fassung von Josef Parzefall

Premiere 30. Dezember 2008



mit

Johannes Berg Herbert Frei Karin Neumayr Josef Parzefall Claus Steigenberger & alternierend Florian Burgmayr/ Maria Hafner/ Evi Keglmaier/ Klaus Kleinschwärzer/ Simone Lautenschlager/ Irene Paul


Regie: Josef Parzefall

Assistenz: Anton Frank

Kostüm: Ala Freyberg

Lichtdesign: Jo Hübner






Es ist traurig... wenn ein grundehrlicher Mensch feststellen muss: er bringt's trotz Fleiß zu nix. Wo andere per Tücke und Betrug zu Wohlstand kommen. Bauer Chremylos ist grundehrlich und fleißig und fragt sich und den Himmel, ob er den Sohn nicht lieber die Regeln des Ganoventums lehren solle, auf dass der es mal besser habe.

Der Himmel lässt verlautbaren: "Häng dich an den ersten, der dir über den Weg läuft."

Der arme Bauer trifft auf einen Schwerst-Gebeutelten: Plutos persönlich, den vielfach missbrauchten Gott des Reichtums; des Augenlichts beraubt vom Herrn des Olymp, auf dass der Reichtum nie mehr den Weg finde zu den anständigen Leuten.

Bauer Chremylos wittert Morgenluft. Die Welt soll Kopf stehen! Wohlstand soll nur mehr da hin, wo Anstand waltet. Heißt: Herr Plutos muss sehend werden: ab zur Augenkur!

Da stellt Frau Armut in Person sich quer und beschwört den zivilisationsfördernden Aspekt ihrer Existenz: Allgemeiner Wohlstand korrumpiere die Moral, Armut sei Kultur-Garant. Das will nun echt keiner hören, die arme Frau kriegt Haue, und der Traum von der gerechten Verteilung irdischer Güter kann wahr werden… Zu guter Letzt danken dann noch die Götter ab; keiner braucht sie mehr (die braven Armen müssen nicht mehr flehen, und die fiesen Reichen sind eh gottlos).

Allerdings: dem einen oder andern neuen Reichen steigt der Kies zu Kopfe: Ex-Vermögende werden verprügelt, ein ex-betuchtes altes Fräulein kübelweise mit Häme überschüttet… Macht Kohle am Ende selbstgerecht? Sind Arme wirklich bessere Menschen als Reiche? Haben Armut und Reichtum einen moralischen Wert? Schließen Ehrlichkeit und Reichtum einander aus? Ist armes Leben sinnerfüllter als reiches? Strengt sich nur an, wer hungrig ist? Geht die Kultur zum Teufel, wenn keiner mehr Not leidet? Was geb ich meinem armen Sohn mit auf den Weg? Werd ein Schwein, Hauptsache Kröten satt?

Fragen über Fragen. Und seit 2400 Jahren keine befriedigende Antwort.

"PLUTOS": Eine so phantastische wie drastische Fabel aus dem ollen Griechenland.

Oder? Wie wär's mit … München, Untergiesing. Ein armer Schuster; Spezln aus dem Männerheim an der Pilgersheimer; man hockt beim Kiosk an der Wittelsbacher Brücke. Alle reden (und singen) bairisch und hoffen, dass der Heilige des Kleingeldes, der so verehrte wie missbrauchte Sankt Diredare, endlich auch zu ihnen findet…

Aristophanes, der alte Satiriker, der immer mit Lokalbezügen und aktuellen Anspielungen gearbeitet hat, hätte wohl kaum was dagegen.




PRESSESTIMMEN


Spätestens seit Ludwig I. und seinem hellenischen Traum auf dem Königsplatz hat die Beziehung zwischen Bayern und Griechen Tradition. Josef Parzefall, Mitbegründer von Doctor Döblingers geschmackvollem Kasperltheater und Ensemblemitglied des Tegernseer Volkstheaters, schreibt diese Geschichte auf seine Weise fort. Schon vor fünf Jahren fiel seine "Elektra in Niederbayern" nach Sophokles sehr eindrucksvoll auf, und mit seiner Aristophanes-Bajuwarisierung der Komödie "Plutos" hat jetzt das Theater Viel Lärm um Nichts zum Jahreswechsel einen Silvester- und Dauerknaller im Spielplan. Aus Plutos, dem antiken Gott des Reichtums, wird "Sankt Diredare", der, erblindet und missbraucht von Bankern, Zuflucht beim ehrlichen, aber armen Schuster Achatz Kachatzer in Untergiesing sucht. Sehr geschmeidig schmiegt sich die Satire aus dem alten Athen an die Welt der Kleinbürger und Handwerker in Isar-Athen. Josef Parzefall spielt als Autor, Regisseur und sein eigener Hauptdarsteller virtuos mit dem 2400 Jahre alten Stoff ebenso wie mit Versatzstücken des bayerischen Volkstheaters. Raffgier unter Reichen, Sehnsucht nach Wohlstand unter Armen und die Frage, ob sich Moral und Reichtum überhaupt vereinbaren lassen, waren zur Zeit des Aristophanes ebenso brisant wie heute. Die muntere Truppe aus Hannes Berg, Claus Steigenberger, Herbert Frei und Karin Neumayr in jeweils mehreren kraftvoll gezeichneten Rollen, und Florian Burgmaier als musizierender Chor der alten Untergiesinger, liefern in Zeiten der Wirtschaftskrise derben Galgenhumor nicht nur für die, die die Gunst des Heiligen Diredare im soeben vergangenen Jahr verzockt haben. AZ Stern!


Aristophanes' Komödie Plutos hat Josef Parzefall in kraftvolles, musikalisch rhythmisiertes Bairisch übertragen und den satirischen Stoff in die Münchner Vorstadt verlegt, die auf der Bühne des Theaters Viel Lärm um Nichts (Pasinger Fabrik) durch einen einfachen Fotoprospekt lebendig wird. Parzefall […] hat höchst vergnüglich Elemente des Wiener Volkstheaters im Stile Nestroys und Raimunds mit plakativer Volkstheater-Komik à la Iberl verbunden. Das funktioniert mit dem wunderbaren E-semble vorzüglich, das zwei singende Musikanten mit witzig gereimten, gstanzlartigen Liedern verstärken – groteske Blasphemie und saftige Politikerschelte inklusive. Ein Spaß ohne Einschränkungen! tz


[…] Regisseur Parzefall verwob diese Szenen zu einem gängigen, nicht selten derben Spektakel, das mittels Musik gut verleimt war. Der Witz resultierte aus deutlichen Zeitbezügen (das Jahr 2008 wird wohl als Jahr des Geldes in die Geschichte eingehen), wobei sich Parzefall nicht scheute Namen und Hausnummern zu nennen, und der bairischen Mundart, der der Zuschauer unbedingt mächtig sein sollte. […] Die Komik, eine Mischung aus frappanter Unfassbarkeit der gesellschaftlichen Zustände, aus unterschwelliger Angst vor der Zukunft, die wenig Gutes verheißt, und aus einer zutiefst menschlichen Sicht auf die Dinge, die nicht selten an Valentin erinnerte, befreite für eine und eine halbe Stunde. Der Volksmund sagt, dass Lachen die beste Therapie sei. Der Abend im Theater Viel Lärm um Nichts steigerte das Wohlbefinden unbestritten. theaterkritiken.com


[...] Das Ensemble spielt brillant [...] Die Reichen verlieren alles, die Armen bekommen Geld und verprügeln die Reichen. Üben die reichen Armen nun Selbstjustiz? Sind sie jetzt nicht genauso wie die armen Reichen? Ein ernstes Thema, doch Parzefall lockert es mit viel Wortwiz auf. Besonders der Schuhmachergeselle Kare, überzeugend verkörpert von Hannes Berg, bringt das Publikum zum Lachen. Parzefall hat ein Werk geschaffen, das die Finanzkrise auf den Arm nimmt, sich über die reiche Schickeria lustig macht, und den "kleinen Mann" als Helden zeigt. Und hat ihm mit dem Standort Giesing, dem bairischen Dialekt und den Hieben auf Gott und die CSU den richtigen patriotischen Einschlag gegeben. Aber nicht moralisch mahnend - und das ist gut so. Münchner Merkur - Würmtal



Fotos: Hilda Lobinger

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