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FeierAbend!

Eine satirisch-musikalische Revue in Zeiten des Umbruchs "Weiter so"

Uraufführung 11. Oktober 2018


mit

Maria Maschenka | Philipp Weiche | Stefanie Dischinger | Melda Hazirci


Klangkonzept und Livesound Kai Taschner Regie Andreas Seyferth Texte/Dramaturgie Margrit Carls Bühne/Videos Peter Schultze Kostüme Johannes Schrödl Lichtdesign Jo Hübner Technik Max Reitmayer/Bogdan Domanskyy Motiv + Flyer Martina Körner

Gibt 's was zu feiern? Schön wär 's. Wäre schön, wenn das Leben der Menschen ein zu feierndes wäre; und die »Arbeit« der Menschen eine zu feiernde; und das Einkommen eines, von dem sich schön feiern ließe... »Wo ist das Problem« grinsen die einen. »Schön wär 's« stöhnen andere. Und fragen gleich mal weiter.

Muss das sein?

Eine Gesellschaft von Gewinnern und Verlierern? In der die Angst umgeht? Ist das alternativlos? Sinnvoll? Vernünftig? Wozu haben wir Sinne und Vernunft? Nebenbei: Was für ein Menschenbild liegt der so genannten Leistungsgesellschaft eigentlich zugrunde? Ist Wettbewerb Schicksal? »Menschlich«? Männlich? Ist das Leben ein Fußballspiel (wobei: da werden Fouls immerhin [meistens] geahndet)? Und übrigens: Brauchen Mensch und Erde Herrschaft?


Fragen über Fragen.


Die wichtigste: Wie wollen wir leben – jenseits dessen, was andere uns zumuten nahelegen?


Die Erwerbsarbeit hat eine steile Karriere hingelegt: Von den Zeiten im 18./19. Jahrhundert, als eine enteignete und in die Städte getriebene Landbevölkerung in die Fabriken buchstäblich hineingefoltert wurde, bis in unsere Tage, wo der Verlust des Arbeitsplatzes die soziale Todesstrafe bedeutet.


Die Dämmerung habe eingesetzt, munkeln manche. Die der »Arbeitsgesellschaft«. Die »Nehmer« der Arbeit würden vermehrt »freigesetzt«; womit sie als Konsumenten all der wundervollen Produkte flach fielen, die da täglich auf die Märkte geworfen würden; was weitere Freisetzungen zur Folge hätte...


Höchste Zeit sich Gedanken zu machen. Taten wir. Das Ergebnis lassen wir in einem bunten Mix theatralisch »Revue« passieren. Erschröckliche Moritaten, Lieder, Sketche – Spaßiges, Trauriges, Gepfeffertes, Absurdes.


Noch dazu 15 Jahre Agenda 2010 – das muss einfach gefeiert werden! Nicht zu vergessen 200 Jahre Karl Marx... Ausrufezeichen.


Zukunft...

Ist doch nur ein Wort.

Unwort.

Schland geht 's gut.

Eben. Scheiß auf Zukunft.

Ist überschätzt.

Wichtig ist, was ist.

Und dass es bleibt.

Was kommt, ist nicht besser.

Schon gar nicht die Zukunft.

Im Gegenteil.

Feiern wir, was ist.

Feierabend!

"Die Gesellschaft darf kein gestörtes Verhältnis

zu ordentlicher Erwerbsarbeit bekommen."

Hubertus Heil, Arbeitsminister

"Und ich werde Staatsminister, und es wird ein Dekret erlassen, dass, wer sich Schwielen in die Hände schafft, unter Kuratel gestellt wird; dass, wer sich krank arbeitet, kriminalistisch strafbar ist; dass jeder, der sich rühmt, sein Brot im Schweiße seines Angesichts zu essen, für verrückt und der menschlichen Gesellschaft gefährlich erklärt wird...

Georg Büchner | Leonce und Lena

Der Geist der Ballons...



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PRESSESTIMMEN


Das ganze Dilemma ist eigentlich vergleichbar mit dem Klimawandel. Wenn der no return point überschritten ist, dann ist Party! Also FeierAbend! So das Motto der satirisch-musikalischen Revue von Margit Carls/Andreas Seyferth im "Theater Viel Lärm um Nichts" in der Pasinger Fabrik. Also lasst uns feiern! Eine der Grundeigenschaften unserer schönen neoliberalen Welt ist das positive Lebensgefühl. Wer nicht gut drauf ist, ist verdächtig und wer finanziell nicht mithalten kann, wird unsichtbar. [...] Die satirische Kritik beackert viele Felder, z.B. Religion und die wechselnden Götter. Einer heißt "Digital". Auch dieser Gott wird enttäuschen, wie alle anderen vorher. Das Bemühen, die Menschheit in Kains und Abels aufzuteilen, das als natürliche Ordnung festzuschreiben und damit die Gewalt zu legitimieren, ist allgegenwärtig. Die Welt hat zu stark in der Illusion geschwebt, wir seien dem Humanismus schon sehr nahe. Wie schnell derartige Positionen sich in Luft auflösen, zeigen die politischen Entwicklungen weltweit. [...] Putzig hingegen sind Szenen, in denen Stefanie Dischinger und Melda Hazirci die Probleme als Kleinkinder angehen. Es sind mitunter naiv-kindliche Fragen, die uns die Absurdität der Realität auf verblüffende Weise nahe bringen. [...] Der Zuschauer sollte dennoch kein lustiges Kabarett erwarten, denn allzu ernst ist mancher Gedanke vor dem Hintergrund "15 Jahre Agenda 2010", dem größten Sozialabbau nach dem 2. Weltkrieg in Deutschland. Sie hat viele Mitmenschen in prekäre Lebenssituationen gebracht, denen sie durch vermehrte "Erwerbstätigkeit" zu entrinnen versuchen und dabei auf das wohl Wichtigste überhaupt verzichten: auf ihr Leben. Es ist definitiv ein zu großes Thema für eine abendliche Revue, dennoch werden "Finger in Wunden" gelegt und Denkanstöße gegeben, zumeist auf lustige oder komische Weise. Der Livesound von Kai Taschner trug viele Szenen auf ästhetisch stimmige Weise, betonte Wesentliches und forcierte auch Bauchgefühle, auf die nicht verzichtet werden sollten. Das war eine wichtige Qualität des Abends, denn üblicherweise möchte man im Theater eigentlich nicht von seinen Alltagssorgen eingeholt werden. Ein mutiges Projekt und notwendig zugleich. Das Premierenpublikum sah das ebenso.

theaterkritiken.com / Wolf Banitzki


(AZ)

(Münchner Feuilleton)



Fotos: Hilda Lobinger



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